Formelle Rechnungs­mängel stehen Vor­steuerabzug bei Wechsel der Steuer­schuldner­schaft (§ 13b UStG) nicht entgegen

EUGH C 564/15 am 7. Juni 2017

Mit Urteil vom 26.04.2017 setzt der EUGH seine steuer­zahler­freundliche Recht­sprechung hinsichtlich formeller Rechnungs­mängel fort: Im Fall des Wechsels der Steuer­schuldner­schaft nach § 13b UStG (reverse-charge-Verfahren), braucht der Leistungs­empfänger für den Vor­steuer­abzug aus dieser Rechnung grundsätzlich keine gemäß allen Formvorgaben ausgestellte Rechnung. Fehlt bspw. der Hinweis auf das reverse-charge-Verfahren („Steuer­schuldner­schaft des Leistungs­empfängers“), hindert dies den Vor­steuer­abzug nicht.

Unser Steuer­berater-Tipp aus Kassel:
Das EUGH-Urteil erscheint schon längst überfällig, da sich beim Leistungs­empfänger sowohl Umsatz­steuer, als auch Vorsteuer in gleicher Höhe entgegenstehen und damit kein Ausfallrisiko für das Finanz­amt drohen kann, finden wir als Steuerberater.

Proble­matisch sind jedoch die Fälle, wo Leistungs­erbringer, als auch Leistungs­empfänger irrtümlich von einer umsatz­steuerpflichtigen Leistung in ihrer Rechnung aus­gegangen sind und in Folge auch die unrichtig ausgewiesene Umsatz­steuer gezahlt wird. Was ist hier zu tun?
In diesem Fall müssen Sie als Leistungs­empfänger trotzdem die Umsatz­steuer abführen. Bekommen Sie die an den Leistungs­erbringer zu viel gezahlte Umsatzsteuer nicht zurück, so empfehlen wir Ihnen als Steuer­berater sich mit Hinweis auf dieses EUGH-Urteil ans Finanzamt zu wenden, denn „Wenn die Erstattung der Mehrwert­steuer unmöglich oder übermäßig schwierig wird, insbesondere im Fall der Zahlungs­unfähigkeit des Ver­käufers, kann der Grundsatz der Effektivität gebieten, dass der Erwerber seinen Antrag unmittelbar an die Steuer­behörden richten kann“, so der EUGH.

Beachten Sie auch unsere übrigen Steuer­berater-Urteile zum Thema Rechnungs­korrektur und Vorsteuerabzug:

Keine rück­wirkende Rechnungs­­korrektur beim Leistungs­erbringer
Rück­wirkende Rechnungs­­korrektur beim Leistungs­­empfänger mö­glich (keine Straf­zinsen oder Rück­zahlung der Vorsteuer)
Keine Ver­sagung der Steuer­befreiung des inner­gemeinschaftlichen Ver­bringens bei bloßem Fehlen der USt-IDNr.
Schranken der Versagung des Vor­steuer­abzugs bei Auswärts­tätigkeit ab­ziehbar